Wan Wai Kru - Der Lehrergedenktag

Jedes Jahr, am 23. Juni, begehen Pahuyuth Freikämpfer den sogenannten Lehrergedenktag (Wan Wai Kru). In diesem Beitrag erklären wir ...

📅  2022-03-15  /  📝  2025-02-22  /  📖    /  ⏱️  10 Min.

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  • Der Lehrergedenktag (Wan Wai Kru) würdigt die Lehrer der Vergangenheit, die ihr Wissen bewahrt und weitergegeben haben, ohne Verherrlichung lebender Lehrer.
  • Die Zeremonie ist eine freiwillige Geste, die von den Schülern initiiert wird, und umfasst Gaben, den Lehrergruß (Wai Kru), sowie ein stilles und gemeinsames Gedenken.
  • Im Pahuyuth werden Lehrer nicht als Meister betrachtet, sondern als Begleiter auf dem Lernweg, die ihre Schüler unterstützen und ihnen auf Augenhöhe begegnen.

Titel: Wan Wai Kru - Der Lehrergedenktag

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Über den Lehrergedenktag (Wan Wai Kru)

Jedes Jahr, am 23. Juni, versammeln sich die Freikämpfer des Pahuyuth, um den Lehrergedenktag (Wan Wai Kru), zu begehen. Dieser Tag ist eine Gelegenheit, Dankbarkeit und Respekt gegenüber den Lehrern der Vergangenheit zu zeigen, die ihr Wissen weitergegeben und das Pahuyuth geformt haben. Der Lehrergedenktag erinnert daran, dass jede Fertigkeit und Technik, die heute praktiziert wird, ihren Ursprung in der Hingabe und den Anstrengungen früherer Lehrer hat.

Bedeutung und Hintergrund des Lehrergedenktags

Der Wan Wai Kru ist den Lehrern gewidmet, die im Laufe der Geschichte ihr Leben eingesetzt haben, um das Wissen der Kampfkunst zu entwickeln, zu bewahren und weiterzugeben. Ohne diese Lehrer wäre die Überlieferung des Pahuyuth an folgende Generationen nicht möglich gewesen. Der Tag bietet eine Gelegenheit, Dankbarkeit auszudrücken und sich der eigenen Wurzeln und der Bedeutung des überlieferten Wissens bewusst zu werden.

Die Rolle des Lehrers in der traditionellen Kampfkunst

Die Rolle eines Lehrers im Pahuyuth unterscheidet sich von klassischen Meister-Schüler-Beziehungen. Ein Lehrer ist im Verständnis des Pahuyuth kein „Meister“ oder „Herrscher“ über seine Schüler. Er wird vielmehr mit einem Fährmann verglichen, der den reißenden Strom der Kampfkunsterlernung bereits überwunden hat und nun anderen bei ihrer Überfahrt hilft.

Ein Lehrer teilt sein Wissen bereitwillig und ohne Vorbehalte, um seine Schüler zu stärken und zu unterstützen. Im Pahuyuth gibt es daher keine Anbetung oder Verherrlichung von lebenden Lehrern. Jeder Lehrer ist letztlich nur ein weiterer Schüler, der anderen dabei hilft, auf ihrem Weg voranzukommen.

Diese Gleichwertigkeit zwischen Menschen, egal ob Lehrer und Schüler, ist ein zentraler Aspekt der Philosophie des Pahuyuth.

Traditionen und Rituale des Lehrergedenktags

Am Lehrergedenktag sind lebende Lehrer, die traditionell den Rotgurt tragen, selbst Schüler. Ihnen wird im Rahmen des Lehrergedenktages ausdrücklich nicht gedacht, um jedwede Form der Selbstverherrlichung oder Hierarchiebildung zu vermeiden. Der Fokus des Gedenkens liegt ausschließlich auf den Lehrern der Vergangenheit.

Wichtig ist, dass niemals ein Lehrer zum Lehrergedenktag aufruft. Der Wille, einen Lehrergedenktag zu begehen und damit Dank zu sagen, geht stets von den Schülern aus. Es gibt keine Anordnungen von oben, denn das zu tun steht keinem Lehrer zu. Ein von einem Lehrer oder einer Institution ausgerichteter Lehrertag mit festem Ablaufplan und Unterhaltungsangebot würde dem traditionellen Ideal und Selbstverständnis eines Lehrers widersprechen.

Pahuyuth entstand aus der Auflehnung gegen Unterdrückung und Sklaverei und dem Streben nach Frieden und Freiheit. Im Verständnis des Pahuyuth sind daher alle Menschen gleich und niemand hat das Recht sich über andere zu stellen. Aus diesem Grund wird der traditionelle Wai Kru (Lehrergruß) auch niemals zu Ehren eines lebenden Lehrers ausgeführt.

Der Lehrergedenktag ist für viele auch ein Tag des freiwilligen Verzichts auf negative Gedanken und des bewussten Bemühens um positive Handlungen. Die Einfachheit der Gaben, die zur Zeremonie mitgebracht werden, unterstreicht die Bescheidenheit, die das Wesen eines Pahuyuth-Kämpfers ausmachen. Wahre Fortschritte in der Kampfkunst und im Leben werden nicht durch äußeren Prunk erreicht, sondern durch inneren Frieden und Klarheit.

Die archetypischen Lehrer des Pahuyuth

Im Pahuyuth gibt es verschiedene Arten von Geisterlehrern bzw. Archetypen, die eine entscheidende Rolle bei der Weitergabe des Wissens spielen und denen sich gedenken ließe:

  • Kru Srietreirat – Der Schöpferlehrer

    Die Natur, Eltern oder der Ursprung. Dieser Lehrer steht für die Quelle allen Wissens und die grundlegenden Prinzipien des Lebens und der Kampfkunst.

  • Kru Schid – Der nahe Lehrer

    Lebende Lehrer, die den direkten Unterricht geben und durch ihr Beispiel lehren.

  • Kru Nueg – Der dankbare Lehrer

    Die innere Stimme oder Intuition. Dieses Wissen erwächst aus eigener Erfahrung und Verständnis.

  • Kru Tagt – Der spontane Lehrer

    Jemand, der hilfreiche Tipps gibt. Diese Art von Lehrer kann unerwartet auftreten und bietet wertvolle Einsichten.

  • Kru Lag Jam – Der Diebeslehrer

    Wissen, das indirekt erworben wurde, zum Beispiel durch Beobachtungen oder das Abschauen von Techniken.

  • Kru Pieh – Der Geisterlehrer

    Inspiration oder Wissen, das in Träumen vermittelt wurde. Dieses Wissen kann aus inneren Visionen oder spirituellen Erlebnissen stammen.

Diese archetypischen Lehrer verkörpern unterschiedliche Aspekte des Lernens und der Wissensweitergabe, die im Pahuyuth eine zentrale Rolle spielen.

Ablauf des Lehrergedenktags

Der Lehrergedenktag ist ein nicht-religiöses und nicht-kommerzielles Ritual – eine freiwillige, persönliche Geste, mit der Pahuyuth Freikämpfer ihren Lehrern auf ihre persönliche Weise danken können, oder auch nicht. Das überlieferte Ritual folgt dabei einer einfachen, aber bedeutungsvollen Struktur. Für Schüler, die zum ersten Mal an einem Lehrergedenktag teilnehmen, ist dies meistens ein außergewöhnliches und interessantes Erlebnis, welches ihnen kulturelle Aspekte des Pahuyuth näherbringt.

Vorbereitung & Anreise

Der Lehrergedenktag beginnt für die meisten Teilnehmer bereits vor dem Erscheinen am Gedenkort.

  • Helle Kleidung: Die Schüler kleiden sich an diesem Tag üblicherweise in helle Kleidung, meist in Weiß, als Symbol und als Erinnerung daran, an diesem Tag (ausnahmsweise) keine negativen Gedanken zu hegen oder böswillige Taten zu vollbringen. Es geht darum, dazu zu ermuntern, den Versuch zu unternehmen, bewusst auf Fluchen und negative Gedanken zu verzichten und stattdessen positive Handlungen zu setzen, die anderen helfen.

Zu der Zeremonie am Gedenkort bringt man drei Gaben mit:

  • Ein oder drei Räucherstäbchen: Diese bzw. ihr Rauch symbolisieren traditionell den Übergang zwischen dem physischen Dasein (Diesseits) und dem nichtphysischen Dasein (Jenseits), wobei der aufsteigende Rauch seit je her als Analogie für Geister und Geistwesen dient.
  • Eine weiße Kerze: Die Kerze repräsentiert das eigene Leben, welches immer nur in eine Richtung „abbrent“ irgendwann verlischt, bzw. die Vergänglichkeit des Seins. Traditionell werden die weißen Kerzen am Ende der Zeremonie nicht ausgepustet sondern vorsichtig gelöscht.
  • Eine spitz zulaufende Pflanze: Das sogenannte „Spitze Gras“ symbolisiert den Wunsch des Schülers nach Verstandesschärfe. Es wird niemals gekauft, sondern im Zuge der der Anreise gepflückt und zum Gedenkort mitgebracht. Dies ist eine Erinnerung daran, dass wichtige Wahrheiten sich oftmals unscheinbar am Wegesrand und nicht am vermeintlichen Ziel befinden.

Bei der Ankunft am Gedenkort ist es üblich, zunächst den Lehrern der Vergangenheit zu danken, da sie im Fokus stehen. Die Dankeszeremonie bzw. die Durchführung des Lehrergrußes (Wai Kru) erfolgt zuerst. Erst danach begrüßt man die anderen Anwesenden und Mitschüler.

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Zeremonie

Ankunft und Gaben niederlegen: Nach dem Eintreffen am Gedenkort legen die Schüler zunächst die mitgebrachten Gaben an einer dafür vorgesehenen Stelle ab. Zumeist handelt es sich dabei um einen frei improvisierten und bewusst schmucklos gehaltenen Altar. Als Symbol für die Lehrer der Vergangenheit dient dabei meistens eine Lehrerfigur, ihr Abbild oder das Pahuyuth-Symbol.

Die meisten Schüler beginnen ihr Ritual, indem sie ihre mitgebrachten Pflanzen auf den Altar legen und ihre Kerze entzünden. Das Licht der Kerze wird genutzt, um das Räucherstäbchen zu entzünden. Manche halten das entzündete Räucherstäbchen zwischen ihren Handflächen vor dem Körper (siehe Wai) und nutzen diesen Moment für ein Gebet an die Ahnen oder für eine kurze Meditation, bevor sie das Räiucherstäbchen am Altar aufstellen.

  1. Lehrergruß (Wai Kru): Anschließend folgt der Lehrergruß Wai Kru, bei dem die Schüler sich vor dem Altar niederknien, sich verneigen und ihren Respekt ausdrücken. Auch dieser Moment ist geeignet, um ihn für ein Gebet oder eine innere Bitte um Führung und Weisheit zu nutzen. Für viele Gelbgurte ist dies auch der erste Anlass einen Wai Kru auszuführen. Erst nach dem rituellen Gruß an die Lehrer werden andere Anwesende begrüßt.
  2. Stilles Gedenken: Nach der individuellen Zeremonie nehmen sich die Schüler nach eigenem Ermessen Zeit für ein ungezwungenes Gedenken. Manche reflektieren über die Lehrer, die ihr Wissen weitergegeben haben, und über die Werte, die diese Lehrer verkörpern. Andere versuchen mit Mitteln und Methoden des Saiyasart Kontakt zu ihnen aufzunehmen oder versinken in mehr oder minder tiefer Meditation. Üblicherweise bilden sich in dieser Phase etwas abseits des Altars Gesprächsgruppen in denen ein lockeres Beisammensein herrscht.
  3. Gemeinsames Gedenken: Nach dem stillen Gedenken folgt oft eine Phase der ungezwungenen, gemeinsamen Reflexion. Häufig erzählen Lehrer oder erfahrene Schüler Geschichten über die Ursprünge des Lehrergedenktags, ihren Werdegang oder teilen persönliche Erfahrungen. Gedanken und Einsichten aus, die während der Zeremonie oder im Laufe des vergangenen Jahres entstanden sind. Jeder hat das Recht zu sprechen und seine Gedanken zu teilen. Gelegentlich fungiert auch ein Lehrer oder ein erfahrener Schüler als Medium und vermittelt spontane Ratschläge oder Weisheiten in Form eines Channeling.

Channelings

In den vergangenen Jahren haben wir mehrere dieser Channelings aufgenommen und veröffentlicht, um sie für die Nachwelt zu bewahren. Du kannst sie hier finden.

Abschluss & Verabschiedung

Zum Abschluss des Lehrertages führen die Anwesenden einen weiteren Wai Kru. Der Altar wird gemeinschaftlich abgebaut. Die Anwesenden Kämpfer verabschieden einander und ziehen ihrer Wege.

Fazit

Der Wan Wai Kru ist ein Tag des Respekts und der Dankbarkeit. Er erinnert daran, dass Wissen nicht nur direkt weitergegeben wird, sondern auch das Erbe unzähliger bekannter und unbekannter Lehrer ist, die ihre Erfahrungen und ihre Lehren hinterlassen haben. Der Lehrergedenktag bietet eine Gelegenheit, die alten Traditionen zu ehren und Dankbarkeit für alle Lehrer zu empfinden, die auf dem eigenen Weg geholfen haben. Er erinnert daran, Teil einer langen Kette von Schülern und Lehrern zu sein, und betont die Verantwortung, dieses Wissen weiterzugeben und zu bewahren. Der Wan Wai Kru symbolisiert die endlose Weitergabe von Wissen und die Verbindung zwischen den Generationen, die durch Respekt, Dankbarkeit und gemeinsame Werte gestärkt wird.

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