Archivtext: Kampfsport Muai Thai
Auf dieser Seite teilen wir einen Archivtext aus dem Jahr 2000, der die kulturelle Entwicklung und Philosophie des Kampfsports Muay Thai beleuchtet.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Tradition vs. Kommerzialisierung: Muai Thai hat sich von einer kulturellen Kampfkunst hin zu einem kommerziellen Sport entwickelt, stark geprägt durch westliche Einflüsse.
- Begrüßungsritual (Waih Kru): Das Ritual zeigt Respekt und stellt die technischen Fähigkeiten der Kämpfer dar, eine wichtige Tradition, die oft verkürzt dargestellt wird.
- Unterschiede in der Kampfphilosophie: Ursprüngliches Muai Thai betonte Technik und gegenseitigen Respekt, während die westliche Version auf Härte und Wettbewerb fokussiert ist.
Inhaltsverzeichnis
Kampfsport Muai Thai
Der thailändische Kampfsport Muai Thai ist der Nationalsport der Thais, welcher sich im Verlauf dieses Jahrhunderts, bzw. nach dem zweiten Weltkrieg, zu einem der beliebtesten Kampfsportarten weltweit entwickelt und etabliert hat. Trotz dieser Tatsache kam die Weltöffentlichkeit durch die Franzosen als erstes westliches Land bereits vor mehr als 500 Jahren damit in Berührung. Damals ging es um eine Art Attraktion, welche die Franzosen unter dem Namen Savaté nach Europa brachten, ohne die thailändische Intuition, sich mit ihrem Kulturgut dort zu bestätigen. Erst nachdem japanische Geschäftsleute ein Geschäftsinteresse an der Ausbreitung und Entwicklung hatten, entwickelte es sich in der heutigen Form als Muai Thai Kampfsport.
Die Entwicklung von Muai Thai
Die Entwicklung des Kampfsports Muai Thai verläuft nach der Zugliederung der westlichen Sportwettbewerbe in zwei parallelen Richtungen, die zum Teil auch gegeneinander gerichtet sind, wobei sie letztendlich von allem anderen als von ihrem Ursprung abstammen.
Originales Muai Thai
Das originale Muai Thai aus seinem Heimatland, das sehr eng mit den charakteristischen und kulturellen Eigenschaften der Thais verbunden ist, hat sich durch wirtschaftliches Interesse und westliches Verständnis von seinem Ursprung wegbewegt. Durch die Übernahme westlicher Regeln und der Präsentation nach dem Prinzip der Attraktionswertung, bleibt für den Zuschauer kaum noch der Freiraum für den kulturellen Wert. Das Bedürfnis nach internationaler Anerkennung und persönlicher Bereicherung fügte hinzu, dass das Muai Thai unzählige Kompromisse eingehen musste, und die charakteristischen Eigenschaften in den Hintergrund gedrängt wurden. Letztlich entstand dadurch ein Kampfsport mit integrierter exotischer Beilage thailändischer Abstammung.
Ausländisches Muai Thai
Das ausländische Muai Thai folgte der Strömung westlichen Verständnisses, indem die Kampffähigkeit des Muai Thai total in einen Kampfsport umgewandelt wurde. Die Attraktion ergibt sich durch die Härte, die Gewaltverherrlichung und die im Vordergrund stehende Eroberung, wobei es sich letztlich nur um das Prinzip vom Überleben des Stärkeren handelt. Der Ursprung der Entwicklung dieser Art von westlichen Kampfsportveranstaltungen ist auf die Zeit des Sklavenkampfes (Gladiatoren) zurückzuführen. Damals galt es als selbstverständlich, dass die Veranschaulichung von Brutalität, Gewalt und selbstverherrlichender Attraktion als Volksvergnügen eingesetzt wurde. Innerhalb dieser Entwicklung wurden dann die Kampfregeln geschaffen, um die vermeidlichen hohen Folgeschäden in einem verantwortlichen Rahmen zu halten, ohne dabei den Attraktionswert zu verringern. Ein Kampfsport, bei dem die Dominanz von Härte einen Sieger aus der Begegnung hervorgehen lässt.
Ursprung und Philosophie des Muai Thai
Der Ursprung der Kampfwettbewerbe Muai (Muai Thai) hat jedoch nicht das Geringste mit Kampfsport im westlichen Sinne gemeinsam, der auf die Leistung und die Fähigkeiten der Kämpfer ausgerichtet ist. Beim ursprünglichen Muai setzte man voraus, dass die Teilnehmer (Kämpfer) solcher Veranstaltungen bereits über die erforderliche Kampffähigkeit und das Bewusstsein über das bestehende Risiko verfügen. Die Begegnung fand nicht vor einem feindlichen Hintergrund statt, bei dem man versuchte dem Gegner unnötige Folgeschäden zuzufügen. Vielmehr ging es um die Klärung der Frage nach dem technischen Kriterium, bzw. der Selbstüberzeugung des Kampfes, mittels einer realitätsnahen Situation (Kampfhandlung).
Muai Thai ist ein traditioneller Kampfwettbewerb aus Thailand, der zu einer einzigartigen Kampfsportart entwickelt wurde. Dennoch handelt es sich bei der Durchführung dieses Kampfsportes nach westlichen Regeln lediglich um eine Entwicklungsvariante des originalen Muai-Thai. Um einen originalen Muai Thai Kampfwettbewerb zu betrachten, bzw. zu erhalten, ist es erforderlich, nicht nur den eigentlichen Ablauf der Kampfhandlung wahrzunehmen, sondern man sollte versuchen den tiefer liegenden Sinn und die eigentliche Bedeutung für die Kämpfer selbst zu erkennen.
Begrüßungsritual (Waih Kru)
Jeder Muai Thai Kampfwettbewerb beginnt mit dem sogenannten Begrüßungsritual, der nach philosophischem Gesichtspunkt die Dankbarkeit, den Respekt sowie auch eine menschliche Geste zum Ausdruck bringt. Aus technischer Sicht ist das Begrüßungsritual eine Kampfansage an den Gegner, bei der der Kämpfer seine verfügbaren Fähigkeiten und sein Vorhaben bezüglich der bevorstehenden Kampfhandlung demonstriert. Der Inhalt dieses Begrüßungsrituals, das in einer Art Pantomime (Ram Muai) aufgeführt wird, beinhaltet einen kurzen Abschnitt einer bestimmten Geschichte.
Bedeutung des Begrüßungsrituals
Die Ausführung des Begrüßungsrituals gibt allgemein Hinweise in welchem Lehrinstitut, bzw. bei welchem Lehrer der Kämpfer sein Wissen erworben hat, und über welche Variante bzw. Entwicklungslinie des Kampfwissens er verfügt. Demzufolge ist auch die Schlussfolgerung bezüglich der technischen Varianten und des Kampfsystems welches der Kämpfer beherrscht oder welches er einsetzen könnte möglich. Laut geschichtlicher Überlieferung sollen ursprünglich nur neun Begrüßungsformen existiert haben. Die Pantomime demonstriert dabei die einzelnen Kampftechniken, die eingebettet in den pantomimischen Bewegungsablauf eine Geschichte zeigen. Bei der Ausführung versucht der Kämpfer selbst das charakterliche Ideal eines thailändischen Kämpfers darzustellen, der trotz seiner hohen Kampffähigkeiten keineswegs seine menschlichen Eigenschaften vergessen oder verloren hat. Der Kampf an sich ist lediglich eine mit Härte und Konsequenz durchgeführte Handlung, die wiederum von den Menschen mit Gnade und Verzeihung verstanden werden kann.
Für einen erfahrenen Kämpfer ist das Begrüßungsritual nicht mehr an die Vorgabe gebunden, sondern wird vielmehr speziell an den Gegner und den Kampfwettbewerb angepasst ausgeführt. Der Inhalt der Pantomime bezieht sich dabei auf zwei Aussagen. Erstens versucht der Kämpfer seine geplante Kampftechnik zu demonstrieren, und zweitens deutet er auf den von ihm angestrebten Kampfablauf hin.
Beispiel
Ein Beispiel liefert die Begegnung zweier Kämpfer, von denen der eine das Begrüßungsritual als Mensch, bzw. als Jäger (Nay Plan), und der andere als Gott (Naray) aufführt.
Das Begrüßungsritual von Nay Plan ist die Erzählung vom morgendlichen Erwachen. Nach der Körperpflege und dem Ankleiden schleift der Kämpfer symbolisch sein Schwert für den bevorstehenden Einsatz, um anschließend zur Jagd aufbrechen. Der Ablauf dieses Rituals weist auf einen Kämpfer mit der Spezialisierung im Nahkampf hin, der bevorzugt in der kürzeren Distanz der Kampfhandlung reagiert, sowie ein überwiegend passives Kampfverhalten aufweist. Meistens wird er seine eigene Angriffsreaktion vornehmen, während er angegriffen wird. Seine Verteidigungsreaktion auf der anderen Seite ist darauf spezialisiert, den Kampfgegner angriffsunfähig zu machen, so wie es der Jäger mit der Beute nach der Jagd tut. Dieser Kampftyp wird als Muai Wong Nai (Nahkampf) bezeichnet.
Im Gegensatz dazu steht das Begrüßungsritual von Naray (indische Gottheit), bei dessen Erzählung es um eine göttliche Jagd nach einem magischen Reh (Gwang Tong) geht. Die Andeutungen und Bewegungen der Pantomime weisen auf eine besonders perfektionierte Kampftechnik hin, die sich mit einem schier göttlichen Handlungscharakter präsentiert. Dies ist ein typischer Distanzkampf, der nach Möglichkeit Kampftechniken aus der Entfernung benutzt, welche die göttliche Unnahbarkeit in seinem Ritual symbolisieren. Dieser Kampftyp wird als Muai Wong Nog (Distanzkampf) bezeichnet.
Bei einer Begegnung zwischen diesen beiden unterschiedlichen Kämpfern würde es zu einer Kampfhandlung zwischen Nahkampf und Distanzkampf kommen. Beim Kampfsport nach westlichem Muster, bei dem nur der eigentliche Kampfausgang zählt, wäre es durchaus selbstverständlich, diesem Umstand keine oder nur eine geringe Bedeutung beizumessen. Im Gegensatz dazu wird der Ausgang des Kampfes bei einem thailändischen Kampfwettbewerb nur gering bemessen. Vielmehr geht es darum, wie und auf welche Weise die Begegnung zwischen beiden stattfinden könnte.
Kampfhandlung (Gan Tohh Suhh)
Bei dem beschriebenen Beispiel der Begegnung aus dem Begrüßungsritual könnte die Kampfhandlung unterschiedliche verlaufen, was die wesentliche Grundlage für einen Muai Thai Kampfwettbewerb darstellt.
Nahkämpfer: Taktiken und Strategien
Der typische Nahkämpfer wird seine Angriffsreaktion unmittelbar gegen den Gegner ausführen, nachdem er von seinem Kontrahenten angegriffen wurde. Dadurch versucht er die Angriffsreaktion seines Gegners zu beeinträchtigen, bzw. zu verunsichern, um ihn dann leicht zu einer Niederlage führen zu können. Genauso könnte er auf ähnliche Weise vorgehen, indem er die Angriffsreaktion seines Gegners durch eigene Abwehrreaktionen vermindert oder sogar einstellt, um dann mit einem eigenen Angriff den Kampf zu beenden. Eine weitere klassische Möglichkeit besteht darin, den Gegner zum Nahkampf zu animieren, um dann sozusagen mit einem Heimvorteil den gesamten Verlauf der Kampfhandlung bestimmen zu können.
Distanzkämpfer: Angriffe und Techniken
Im Gegensatz dazu wird der Distanzkämpfer versuchen, mittels eigener Angriffe die Initiative zu ergreifen. Dabei kommen seine Angriffe mit den langen Waffen aus der Distanz, und richten sich in erster Linie gegen die Abwehrreaktionen des Nahkämpfers. Er versucht diesen zu verwirren, bzw. in eine Art wehrlosen Zustand zu versetzen, woraufhin er seinen Finalangriff beliebig ausführen kann. Er kann versuchen durch Scheinangriffe aus der Distanz heraus bestimmte Schwachstellen seines Gegners aufspüren. Mit dieser Erkenntnis kann er dann ebenso eine bestimmte Kampftechnik seiner Wahl dazu benutzen, um den Kampf zu beenden. Eine weitere typische Besonderheit eines Distanzkämpfer, die sich eines hohen Grades an Beliebtheit erfreut ist es, seinen Angriff auf ein bestimmtes Körperteil seines Gegners mittels unterschiedlicher technischer Varianten zu favorisieren. Die Wirkung basiert auf der Beeinträchtigung der gegnerischen Kampfreaktion, die bis hin zur Reaktionsunfähigkeit führen kann. Entweder der Gegner gibt vorzeitig auf, oder es ergibt sich keine Gefahr für ihn.
Faktoren eines Muai Thai Kampfwettbewerbs
Im Wesentlichen besteht ein Muai Thai Kampfwettbewerb aus zwei Faktoren: dem kontrollierten Kampfablauf und der Bestimmung des Kampfendes. Der Kampfablauf bedeutet für den Kämpfer, die Kampfreaktionen des Gegners schrittweise zu bestimmen, um dadurch die eigene Kampffähigkeit unter realen Bedingungen experimentell zu erproben. Eine Kampfbegegnung ist ein seltener Anlass, der von beiden Kämpfern als Verlust angesehen wird, wenn es nur darum geht einen Sieg zu erringen. Die tatsächliche Bereicherung für beide Kämpfer besteht aus der Nutzung der Möglichkeit sich die gesamten Techniken und die Taktik des Gegners zeigen zu lassen, um für sich selbst Kampferfahrung zu gewinnen. Daher ist der Zeitpunkt den Kampf beenden zu können wesentlich bedeutender als die unmittelbare Möglichkeit ihn zu beenden.
Bedeutung des Kampfverlaufs für Zuschauer und Kämpfer
Die Frage nach dem wie und auf welche Art stellt sich dabei nicht nur allein den beiden Kämpfern, sondern auch den Zuschauern, die zum Teil selbst Kämpfer sind. Die Kämpfer lassen sich in ihrer Überzeugung auf das Risiko des Kampfes ein, die Zuschauer jedoch nicht. Die Überzeugungskraft der beiden Kontrahenten wird daher in ein Wettrisiko umgewandelt. Obgleich die Grundlage des Wettens aus Sieg und Niederlage besteht, ist dies genauso “bedeutungslos” wie bei dem eigentlichen Kampfwettbewerb.
Beispiel aus der Vergangenheit: Kampf der Generationen
Ein Beispiel aus der Vergangenheit zwischen zwei Kämpfern mit der gleichen Spezialisierung von Muai Thai Fußtechniken. Jeder der beiden war sozusagen der beste Kämpfer Thailands zu seiner Zeit. Der eine Kämpfer war jedoch viel älter als der andere, und man hätte von einem Kampf zwischen Vater und Sohn sprechen können. Deswegen kam diese Begegnung auch nur aus rein emotionalen Gründen zustande.
Der ältere Kämpfer behauptete mit seiner Fußtechnik unschlagbar gewesen zu sein, was er auch durch unzählige Kämpfe bestätigen konnte. Er wollte jedoch nicht wahrhaben, dass seine Zeit der Vergangenheit angehörte, und er diese längst überschritten hatte. Mit der Überzeugung dem jüngeren Kämpfer mit seiner Fußtechnik allemal überlegen zu sein, wurde er von diesem herausgefordert. Der jüngere Kämpfer wiederum war von seiner eigenen Technik überzeugt, und so fand die Begegnung statt, nur um zu zeigen, dass der jüngere Kämpfer eine Fußtechnik ins Gesicht des älteren Kämpfers platzieren könne, was sich dann letztlich auch bewahrheitete.
Während des Kampfverlaufes ging es daher um das gegenseitige Austricksen, und nicht um die Kampffähigkeit oder den Sieg. Der jüngere Kämpfer hatte den Vorteil, die gesamte Erfahrung des älteren einzustudieren und sich zu eigen zu machen. Trotz alledem war die Begegnung einer der besten und sehenswertesten Kämpfe, die auch für die Zuschauer und die Nachwuchskämpfer sehr lehrreich war. Würde man diese Begegnung mit den Augen einer westlichen Kampfsportveranstaltung betrachten, so würde man von einer Tragödie für die Beteiligten und die Zuschauer sprechen.
Professionelles Muai Thai
Das Muai Thai der heutigen Zeit hat sich schon längst zu einem Dienstleistungsberuf gewandelt, der in der Form von thailändischen Kampfwettbewerben und als internationaler Kampfsport betrieben wird, und durch sportlich orientierte Kampfregeln organisiert ist. Dabei unterscheiden sich die Regeln für die Kampfwettbewerbe und den Sportkampf teilweise voneinander.
Kampfregeln im modernen Muai Thai
Die Kampfregeln für den Kampfsport richten sich nach dem westlichen Boxsport, der an das Kampfziel des Siegerprinzips (KO System) gebunden ist. Die Vorführung des Begrüßungsrituals gehört dabei nur am Rande als individuelle Kampfvorbereitung dazu, und ist nicht mehr zwingend erforderlich. Ein Kampf geht über ein bis drei Runden, und erst ab einer bestimmten Rangliste werden Kämpfe über fünf Runden ausgetragen. Der Einsatz von Faust, Fuß, Ellenbogen und Knie ist selten vollständig erlaubt, und wird aus Sicherheitsgründen entsprechend dem jeweiligen Landesgesetz reglementiert. Der technische Umfang rangiert auf der Ebene der Basistechniken, wobei für Taktik und technische Varianten aufgrund des Kampfzieles kein Bedarf besteht. Das technische Können der Kämpfer wurde durch Körperbau und Kampfkraft ersetzt. Beide Kampfpartner gehen mit dem Ziel in den Ring, den Sieg so schnell wie möglich herbeizuführen, so dass von Anfang an Hektik und heftige Kampfhandlungen den Kampf bestimmen.
Gruppierungen im Kampfsport Muai Thai
Durch das unterschiedliche Körpergewicht zwischen thailändischen und ausländischen Kämpfern, und durch die ungewohnte Einschränkung der erlaubten Techniken, wird der Kampfsport Muai Thai in zwei Gruppierungen veranstaltet. Dabei treten bei internationalen Muai Thai Veranstaltungen immer seltener Thailänder an, wenn dies nicht durch gesonderte Vereinbarungen ausgehandelt wird. Im thailändischen Kampfsport Muai Thai ist der uneingeschränkte Gebrauch der Techniken zwar erlaubt, jedoch sind dort nur die unteren Gewichtsklassen mit Kämpfern bestückt, und die Veranstaltungen finden überwiegend auch nur in Thailand statt. Ausländische Kämpfer nehmen deshalb nur in sehr begrenztem Maße an den Veranstaltungen teil.
Kampfregeln für Kampfwettbewerbe
Die Kampfregeln für die Kampfwettbewerbe bestehen aus einer Mischung von Siegerprinzip und Punktsystem (KO, TKO und Punkte). Die Kämpfer können frei darüber entscheiden, ob sie eine Begegnung mit diesem oder jenem Kämpfer austragen möchten, so wie das Publikum entscheiden kann, ob der Kampf nach dem Siegerprinzip oder dem Punktprinzip ausgetragen wird, wobei diesbezüglich keine vorherigen Absprachen nötig sind. Erst wenn beide Kämpfer die Begegnung nach dem Punktprinzip austragen werden, kann man von einem Kampfwettbewerb im Sinne des Muai Thai sprechen.
Phasen eines Kampfwettbewerbs
Ein Kampfwettbewerb wird mit fünf Runden ausgetragen, die sich wiederum in die drei Phasen Abtasten, Hauptkampf und Finale unterteilen.
1. Phase des Abtastens
Die Phase des Abtastens ist die Kampfhandlung in der ersten Kampfrunde. Die Kämpfer führen gegenseitig einfache Angriffseröffnungen ohne Kombinationen oder Technikfolgen durch, mit dem Ziel die Reaktionsfähigkeit und die Kampfstärke des Gegners abzutasten. Die Angriffs- und Verteidigungsreaktionen sind überwiegend ungefährlich und unkompliziert, bestehen aber aus verschiedenen Varianten. Die Kriterien, bzw. das Kampfziel der ersten Phase besteht aus dem Abtasten von Standfestigkeit, Kampfreaktion der Elemente Faust, Fuß, Ellenbogen und Knie, Beweglichkeit sowie der bevorzugten Techniken.
2. Phase des Hauptkampfes
Die Phase des Hauptkampfes ist die Kampfhandlung nach der Ansage aus dem Begrüßungsritual. Diese Phase wird von der zweiten Runde bis maximal zur vierten Runde gehen. Dabei geht es um zwei parallele Vorhaben. Einerseits geht es um die Suche nach der geeigneten Finaltechnik zur Kampfsituation des Gegners, um die Kampfhandlung erfolgreich auszuführen, und zum anderen geht es um die während der Kampfhandlung zu sammelnden Erfahrungen. Dabei ist es nicht selten, dass die Kampfhandlung durch ein unvorhergesehenes Ereignis beendet wird, ohne dass die Finaltechnik zum Einsatz kam, weil der Gegner aufgrund von mangelndem Durchhaltevermögen und mangelnder Kampffähigkeit den Kampf vorzeitig aufgeben musste
3. Finalphase
Die Finalphase ist die Umsetzung der vorbereiteten Finaltechnik, welche ab der vierten Runde ausgeführt wird. Jetzt wird der Kämpfer erfahren, ob und inwieweit seine vorgesehene Finaltechnik durchsetzbar ist oder nicht. Insbesondere bei einem Kampf gegen einen Kampfgegner mit hoher Kampferfahrung ist die vorbereitete Finaltechnik meist nutzlos, da er entweder nur vorgetäuscht hat, oder der Kämpfer selbst seine Durchführung überschätzte. Dadurch entsteht spontan eine neue Kampftaktik, die mit Härte und Schnelligkeit versucht, die Kampfhandlung dennoch zu beenden. Andererseits kann durch eine aggressive Kampfreaktion der Gewinner des Kampfes auch durch das Punktsystem herbeigeführt werden.
Kampfverlauf und Kampfpaarungen
Das zwei gleichwertige Kämpfer in einem Kampfwettbewerb antreten ist eher selten, und die Kampfhandlung wird dann meist schon vor der vierten Runde nach dem Siegerprinzip (KO oder TKO) entschieden. Die Kämpfer bewegen sich sehr behutsam und kontrolliert, ohne ruckartige Bewegungen oder Hüpfen. Trotzdem lassen die Kampfbewegungen dem Gegner alles andere als eine Atempause während des Kampfes. Die Kämpfer werden auch nicht klammern (clinchen), da sich der Gegner sofort mit einer Gegenreaktion befreien würde. Abgesehen von der ersten Runde besteht die Kampfhandlung aus Kombinationen mehrerer Angriffs- und Verteidigungstechniken, die nur dann zu unbeabsichtigten schweren Verletzungen führen, wenn ein Kämpfer seinen Kampfgegner unterschätzt hat. Dies gilt besonders bei ungleichen Kampfpaarungen, oder für Kämpfer die vom Kampfsport zum Kampfwettbewerb übergewechselt sind. Ohne Verletzungen überstehen diese Kampfwettbewerbe nur diejenigen Kämpfer, die das Original Kampfsystem Muai Thai erlernt haben und beherrschen.
von Plaitamin
10.10.2000
Fazit
Der Archivtext „Kampfsport Muai Thai“ zeigt eindrücklich, wie sich die ursprüngliche Kampfkunst durch westliche Einflüsse verändert hat. Ursprünglich verwurzelt in der Kultur und Philosophie Thailands, wurde Muai Thai im Laufe der Jahre zunehmend zu einem globalen Sport, bei dem oft der Kampf um den Sieg die tiefere Bedeutung des gegenseitigen Respekts und der Technik überlagert. Trotz dieser Wandlung bleibt das traditionelle Muai Thai ein wichtiger Teil der thailändischen Identität und bietet eine faszinierende Perspektive auf die Balance zwischen Härte, kultureller Verwurzelung und menschlicher Wärme im Kampf.