Archivtext: Pahuyuth in der heutigen Gesellschaft
Auf dieser Seite teilen wir einen Archivtext von unserer alten Website aus dem Jahr 1998, der die Rolle des Pahuyuth in der heutigen Gesellschaft beleuchtet.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Pahuyuth als kulturelles Erbe: Pahuyuth ist tief mit der thailändischen Kultur verwurzelt und dient als Verbindung zwischen Tradition und Moderne.
- Gewalt und Selbstfindung: Pahuyuth bietet sowohl Mittel zur Selbstverteidigung als auch zur inneren Selbsterkenntnis, wobei Gewalt nur als letztes Mittel verstanden wird.
- Gesellschaftliche Relevanz: Die Rolle des Pahuyuth in der modernen Gesellschaft wird durch den Umgang mit Gewalt, Hierarchie und individuellen Entscheidungen definiert.
Inhaltsverzeichnis
Beitragsdetails
Titel: Archivtext: Pahuyuth in der heutigen Gesellschaft
Autor: Pahuyuth
Schlagwörter: Hierarchie, Identität, Kampfphilosophie, Körperwahrnehmung, Pahuyuth, Reinkarnation, Selbstverteidigung, traditionelle Weisheit
Pahuyuth in der heutigen Gesellschaft
Abgesehen von dem ideellen Wert, der die Pflege und Erhaltung des Pahuyuth als Kulturerbe der Thais definiert, ist es aufgrund seiner Wirksamkeit gleichzeitig auch zum begehrtesten nationalen Wettkampfsport geworden.
Es ist eine Tatsache, dass derjenige der Pahuyuth ausübt, in welcher Konstellation auch immer, sich in gewissem Sinne stets auch mit Gewalt und Brutalität verglichen sieht. Die Hemmungen für eine Bewunderung der Fähigkeiten werden durch das gleichzeitig vorhandene und möglicherweise anwendbare Gewaltpotential gestärkt.
In der Gesellschaft, in der sich der Mensch mit seiner Vielfältigkeit von Kultur, Mentalität, Bildung und Weltanschauung in einem gemeinsamen Lebensraum befindet, gehört die Gewaltherrschaft seit jeher zu einer fundamentalen Struktur. Die Unterscheidung der ausgeübten und praktizierten Gewalt bezieht sich lediglich auf die Legalität und nicht auf die Handlung an sich. Dabei ist die Legalität wiederum eine ausschließlich durch den Menschen selbst aufgestellte Definition. Die menschliche Reaktion jedoch, durch psychische Gegebenheiten und Umstände begünstigt, lässt die Ausübung der Gewalt in einem legalen oder illegalen Rahmen entstehen.
Das Thema “ Pahuyuth in der heutigen Gesellschaft „, stellt im weitesten Sinn eine Frage dar, deren Beantwortung jedermann persönlich für sich selbst definieren sollte. Inwieweit der einzelne mit seiner gewonnenen Erfahrung eine sachkundige Auseinandersetzung vollziehen kann, hängt von dem persönlichen Verständnis und der Akzeptanz der Existenz des Pahuyuth ab.
Das Wesen des Pahuyuth
Das Wesen des Pahuyuth stellt eine Mischung zwischen alternativer Selbstfindung und den Erfahrungen des befindlichen Körpers dar. Der Glaube an eine Seele als eigentliches Selbst und an Reinkarnation, sind geraume Zeit vor dem Buddhismus entstanden. Dies prägte auch die charakteristischen Grundzüge einer friedfertigen Lebenseinstellung der Thais. Der Körper an sich gilt nur als eine vorübergehende Behausung. Die Erfahrungen des Körpers beziehen sich nicht nur auf die Wahrnehmung des Zerfallsprozesses, sondern auch auf die Pflege, die eine optimale Nutzung auf Dauer gewährleisten kann.
Erst in der Zeit der unausweichlichen Not, verwandte man das Wissen der Pflege des Körpers in umgekehrter Form für die Zerstörung desselben, und das thailändische Kampfsystem kam zustande. Auf vergleichbare Art und Weise entstanden auch die Waffengattungen der Thais, indem ursprünglich alltägliche Gegenstände zu Waffen umimprovisiert wurden. Daher gibt es in dem thailändischen Kampfsystem weder körperlich abnorme Dinge, noch sind die Waffengattungen besonders phantasievoll geprägt.
Philosophie des Pahuyuth
Das Wissen und die Erfahrung der eigentlichen Körperfunktionen und ihrer Grenzen, bilden das Kernstück der Kampfsysteme, sowie auch das Prinzip:
„Die Philosophie eines Kampfes besteht darin, dass derjenige, der ihn brauchen könnte, ihn nicht beherrscht, und der, der ihn beherrscht ihn nicht braucht!“
Der Einsatz von Pahuyuth oder einem anderen Kampfsystem, wenn auch in der erwarteten Wirkung identisch, kann vor unterschiedlichsten Hintergründen entstanden sein. Der eine setzt die Kampfkunst für sein Leben und seine Gesundheit ein, um sich vor einer unmittelbaren Bedrohung zu schützen. Ein anderer setzt es möglicherweise dazu ein, sein Leben und seine Gesundheit durch berufliche Ausübung zu sichern, und ein weiteres Überleben zu sichern. Selbstverständlich gehört auch die Willkür, die Fahrlässigkeit und der Zustand von Unzurechnungsfähigkeit, der anderen Schaden zugefügt hat, dazu. Doch wenn die Handlung allein als Grundlage für die Bildung von Vorurteilen herangezogen wird, dann wäre dies als grotesk zu bezeichnen und weder der Logik zufolge, noch in Bezug auf die Realität zu rechtfertigen.
Schließlich ist es dem Benutzer selbst überlassen, den Einsatz eines Werkzeuges zu bestimmen, obgleich es nur für einen bestimmten Zweck erstellt wurde!
Gewalt in der Gesellschaft
Gewalt ist einer der wichtigsten Bestandteile die durch die Gesellschaft verkörpert wird. Im weitesten Sinne gibt es keine Unterscheidung zwischen den einzelnen Gesellschaften, weder innerhalb menschlicher, noch zwischen denen der Tierwelt. Lebewesen in gleichen Lebensräumen unter gleichen Lebensbedingungen bilden unmittelbar eine Gesellschaft.
Kernstück einer entstandenen Gesellschaft ist eine hierarchische Struktur, die wie eine Pyramide, von einem Fundament bis zu einem Gipfel oder einer Spitze aufgebaut und festgelegt ist. Die Pyramide definiert sich durch die Zuordnung von Steinen / Teilen, die durch einen äußeren Willen strukturiert werden. Nach ihrer Fertigstellung bleibt die den Teilen zugewiesene Position sichtbar und unverändert. Die Gesellschaft wiederum hat ihre Struktur (Hierarchie) durch sich selbst definiert. Durch die Gewaltherrschaft wird der Unterlegene zur Akzeptanz gezwungen, und somit das Fundament, die Spitze und letztlich die ganze Struktur angenommen.
Dabei wird die Anordnung der einzelnen Positionen innerhalb der Gesellschaft sowie auch ihre Existenz vom Gewaltmonopol des einzelnen bestimmt. Durch Bildung und Prägung ist die Existenz der Gesellschaft, auch durch Androhung von Gewalt und von Bestrafung, oder durch legal demonstrierte Gewaltherrschaft sichtbar gemacht worden. Der Gedanke an eine gewaltfreie Gesellschaft ist irrational. Man sagt:
“Ohne Sterne gibt es kein Universum!”
In der heutigen Gesellschaft gehören Pahuyuth sowie alle anderen herkömmlichen Kampfsysteme schon lange nicht mehr zu den Mitteln, die für die Durchsetzung einer gesellschaftlichen Gewaltherrschaft zuständig sind. Obwohl die diesbezügliche Bedeutung sie ins Abseits rückt, bleiben ihr geschaffener Wert und ihre Existenz gesellschaftlich unter den Menschen weiter bestehen.
Relevanz von Pahuyuth in der heutigen Zeit
In Anbetracht der physischen und psychischen Natur der Menschen, trotz aller fortschrittlichen Entwicklungen und der Bildung gesellschaftlicher Ordnung die sie nicht verhindern können, bleiben sie selbst letztendlich die Auslöser für jegliche Gewaltakte. Hierbei handelt es sich um den einfachen Mechanismus des Zusammenwirkens der momentanen Reaktionsfähigkeit und dem psychischen Zustand des Betroffenen. Dabei äußert sich die Gewalt bei den meisten durch körperliches Einsetzen oder das Heranziehen einfacher Hilfsmittel wie Gebrauchsgegenstände oder Werkzeug.
Ursachen für Gewalt
- Eine emotionale Reaktion, mentalitätsbedingt, durch Temperament oder persönliche Empfindsamkeit, die die normale Logik und den Verstand aussetzen lässt, löst dabei die Gewaltreaktion aus.
- Aufgrund von Unzurechnungsfähigkeit, einem dem Zustand des Bewusstseins von vorn herein fehlender Aspekt, wird eine reflexartige Reaktion ausgelöst.
- Der Urinstinkt des Menschen, durch eine spontane, ihn überraschende und bedrohliche Situation, ruft eine unkontrollierbare Schockreaktion hervor.
- Auch die angestauten Aggressionen der Problematiken eines alltäglichen Gesellschaftslebens, die gleichzeitig an die schwächeren Gesellschaftsmitglieder als Erziehung weitergegeben werden, lösen Reaktionen aus.
- Der Bewegungsdrang der Jugend und den Menschen an sich, und auf der anderen Seite die angestaute Energie die aus dem Lebensraum mit fehlender körperlicher Betätigung herrührt, führt zu einer spielerischen Überreaktion.
- Das natürliche Gruppenverhalten, das anstreben von Aufmerksamkeit, Beachtung und Anerkennung führt zu gesellschaftlich übertriebenen Handlungen.
- Der Ausdruck der Persönlichkeit eines Menschen reagiert in einer gesellschaftlich auferlegten Umgebung in zwei Formen. Entweder mit Selbstverherrlichung, oder auf der anderen Seite mit Selbstverstümmelung.
Umgang mit der Gewaltproblematik
Durch die aufgezeigten Beispiele wird deutlich, dass die eigentliche Problematik wesentlich durch den psychischen Zustand und der Fähigkeit der Informationsverarbeitung bedingt wird. Viele gesellschaftliche Strukturen und die Komplexität der vorherrschenden Rahmenbedingungen sind Grundlage für die Definition der Lebensbedingungen. Diese unausweichlichen Problematiken lassen sich weder hinwegdefinieren, noch durch Strafe aus der Welt schaffen, wie viele gesellschaftliche und gescheiterte Versuche gezeigt haben.
Mögliche Alternativen zum Umgang mit Gewalt
Eine mögliche Alternative könnte in zwei Formen in Betracht gezogen werden. Eine Form wäre eine Aufklärung in Kombination mit einem künstlichen Ventil, welches die Reaktionen in einem vertretbaren Rahmen hält. Eine andere Form wäre ein Neutralisieren des Ungleichgewichtes im Moment des Ausbruchs. Im Zusammenhang mit Pahuyuth und dem damit verbundenen Lernprozess sowie der Ausübung unter fachkompetenter Betreuung, würde dies ein mögliches Ventil darstellen. Das Wissen und die Fähigkeiten entsprechen Notsituationen der Selbstverteidigung, die sich zur Situationsentschärfung nutzen lassen.
In diesem Sinne möge dieser Inhalt als Basisinformation oder auch als Kriterium für eine eigenständige Beantwortung des Themas wertfrei dahingestellt und verstanden sein.
von Plaitamin
20.09.1998
Fazit
Der Archivtext Pahuyuth in der heutigen Gesellschaft zeigt, dass Pahuyuth nicht nur ein Kampfsystem, sondern ein kulturelles Erbe ist, das tief in der thailändischen Geschichte verwurzelt ist. Es vermittelt die Balance zwischen körperlicher Verteidigung und geistiger Selbstfindung, wobei Gewalt als letzte Option betrachtet wird. Zudem beleuchtet der Text die anhaltende gesellschaftliche Relevanz von Pahuyuth, indem er die Herausforderungen moderner Gewaltstrukturen und den Wert traditioneller Weisheit in einer sich verändernden Welt reflektiert.