Die traditionelle Fußbegrüßung im MUAI

Die traditionelle Fußbegrüßung ist ein Ritual, das den Körper und die Psyche eines Schülers in kürzester Zeit auf die hohe Kunst des Kickens vorbereitet.

📅  2024-11-11  /  📝  2025-02-19  /  📖    /  ⏱️  8 Min.

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  • Die traditionelle Fußbegrüßung ersetzt die Notwendigkeit für Schienbeinschoner und sorgt für natürliche Widerstandsfähigkeit.
  • Die Fußbegrüßung ist eine bewusste neurologische Reprogrammierung, die den Körper und die Psyche auf die Herausforderungen des Kampfes vorbereitet.
  • Dieses Ritual ist ein Zeichen der Kameradschaft und des gegenseitigen Respekts innerhalb der MUAI-Gemeinschaft.

Titel: Die traditionelle Fußbegrüßung im MUAI

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Über die traditionelle Fußbegrüßung

Die traditionelle Fußbegrüßung im MUAI ist nicht nur eine Trainingsmethode, sondern ein zentrales Ritual, das die Werte und die Philosophie dieser Kampfkunst verkörpert. Im Gegensatz zu den meisten modernen Kampfkünsten und Kampfsportarten, die auf Sicherheitsausrüstung und moderaten Belastungen setzen, ist die Fußbegrüßung ein unverfälschtes und durchaus auch hartes Ritual, das Pahuyuth-Schülern nicht nur das körperliche, sondern auch das psychische Fundament für die Anwendung von Kicktechniken vermittelt. In diesem Beitrag erfährst Du mehr über den Ablauf, die Bedeutung und die Vorteile der traditionellen Fußbegrüßung im MUAI.

Der Hintergrund des MUAI-Trainings

MUAI wird traditionell ohne jegliche Schutzausrüstung wie Zahnschutz, Kopfschutz oder Matten trainiert. Anfängern werden lediglich 8oz Boxhandschuhe und gegebenenfalls ein Unterleibsschutz (Suspensorium) zugestanden. Fortgeschrittene (ab Weißgurt) verzichten auf Boxhandschuhe und trainieren Bare-Knuckle unter Einbeziehung von Hebeln, Griffen, Würfen und Bodenkampf. Diese Philosophie basiert auf realistischem Nahkampf, bei dem der Schutz der eigenen Integrität ohne fremde Hilfsmittel im Vordergrund steht.

Der Einstieg in die Kunst des Kickens

MUAI-Schüler (Grüngurt) beginnen ihre Laufbahn ausschließlich mit Boxtechniken. Dazu gehören gerade Fausttechniken, kurvenförmige Haken und gemischte Techniken, die sowohl Präzision als auch Variabilität im reinen Faustkampf schulen. Erst nach der erfolgreichen Beherrschung dieser Techniken erfolgt die Einführung in Kicktechniken durch die sogenannte Fußbegrüßung.

Dieses Ritual markiert einen entscheidenden Schritt in der Ausbildung, bei dem Kicktechniken sowie deren Abwehr gelehrt werden. Kicks – insbesondere mit Schienbeinen – sind ein zweischneidiges Schwert, weil sie sowohl für den Angreifer als auch den Verteidiger Risiken mit sich bringen können. Entsprechend großen Wert legen wir darauf, unseren Schülern einen bewussten und sicheren Umgang mit dieser Waffengattung zu lehren.

Die Fußbegrüßung: Ablauf und Bedeutung

Die Fußbegrüßung ist ein einmaliges Initiationsritual, bei dem der zu initiierende Schüler ein freies Partnertraining mit jenen durchführt, die diese Initiation bereits absolviert haben. Der Schüler darf sich dabei nach Belieben mit Faust- und/oder Knietechniken verteidigen, während die Trainingspartner sich auf den Einsatz von Kicks, insbesondere gegen die Schienbeine des Schülers, konzentrieren. Die Prozedur dauert in der Regel etwa eine Stunde, manchmal auch länger. Sie wird nur ein einziges durchgeführt und ersetzt jedwede Form von Schienbeinabhärtung dauerhaft.

Obwohl die Fußbegrüßung mit erheblichen Schmerzen verbunden sein kann, liegt der Fokus dieses Rituals darauf, den Körper und die Psyche des Schülers zu stärken und auf den Umgang mit den Belastungen von Kicktechniken vorzubereiten. Neben der physischen Abhärtung wird vor allem die mentale Widerstandsfähigkeit der Schüler trainiert, was im echten Kampf von unschätzbarem Wert ist.

Die Fußbegrüßung ist eine bewusste neurologische Reprogrammierung des zentralen Nervensystems (ZNS), die auf dem Wissen des Sart Bamabatgay basiert. Durch gezielte Einwirkungen und fachkundige Nachsorge werden die Nervenverschaltungen und Reaktionsmuter so angepasst, dass der Körper besser auf die Anforderungen der Kicktechniken vorbereitet ist und eine erhöhte Schmerzresistenz entwickelt.

Kurzdokumentation

Aufnahmedatum: 13.05.2017 | Videolänge: 27 Minuten | Sprache: Deutsch mit englischen Untertiteln.

Die Bedeutung der Fußbegrüßung im MUAI

Für Praktizierende der Disziplin MUAI gilt die Teilnahme an der Fußbegrüßung als große Ehre und Zeichen der Kameradschaft. Jemanden bei der Fußbegrüßung zu initiieren, ist ein Freundschaftsbeweis und Ausdruck des gegenseitigen Respekts. Die Fußbegrüßung bereitet die Schüler nicht nur auf körperliche Schmerzen vor, sondern schult sie darin, ihre natürlichen Reaktionsmuster unter extremen Bedingungen zu kontrollieren und zu nutzen. Die traditionelle Fußbegrüßung macht zudem jegliche Schienbeinabhärtung und Schienbeinschoner überflüssig. Bislang hat keiner unserer Schüler, der dieses Ritual durchlaufen hat, jemals Schienbeinschoner benötigt.

Warum Schienbeinabhärtung keine gute Idee ist

In vielen Kampfsportarten, wie Muay Thai oder MMA, ist das Thema Schienbeinabhärtung ein leidenschaftlich diskutiertes Thema. Die Vorstellung, Schienbeine absichtlich abzuhärten, mag beeindruckend wirken, birgt jedoch erhebliche Risiken. Ein Knochen, der immer wieder mikrotraumatisiert wird, kann knöcherne Auswüchse (Exostosen) entwickeln, was zu Mobilitätseinschränkungen, mangender Flexibilität und Funktionsstörungen führen kann. Auch besteht das Risiko von Nervenverödungen, die langfristige Schäden verursachen können. Entsprechend lautet daher eine der Grundregeln des MUAI:

„Es ist die Aufgabe Deines Gegners, Dir Schaden zuzufügen – nicht Deine!“

Die traditionelle Fußbegrüßung sorgt binnen kürzester Zeit für natürliche Widerstandsfähigkeit, ohne dass der Körper durch unnatürliche Abhärtungsmaßnahmen gefährdet wird.

Risiken und fachgerechte Durchführung

Die Fußbegrüßung sollte stets unter geeigneter Aufsicht durch erfahrene Ausbilder durchgeführt werden, um Verletzungen zu vermeiden und die korrekte Ausführung sicherzustellen. Diese Form der Initiation umfasst Eingriffe in die autodynamischen Reaktionsmuster und kann unter Umständen zu irreversiblen körperlichen Verletzungen und posttraumatischen Belastungsstörungen führen, weshalb eine extrem sorgfältige und fachkundige Vor- und Nachsorge unerlässlich ist. Von etwaigen Selbstversuchen raten wir dringend ab.

Der Wert der Fußbegrüßung

In der Pahuyuth-Schule in Berlin wird die Fußbegrüßung seit über fünfzig Jahren erfolgreich praktiziert, und alle unsere Schüler haben dieses Ritual bisher erfolgreich durchlaufen. Keiner dieser Schüler hat jemals in seinem Leben Schienbeinschoner oder eine zusätzliche Schienbeinabhärtung benötigt. Stattdessen berichten sie von erfolgreichen Kämpfen, Selbstverteidigungssituationen und alltäglichen Herausforderungen, bei denen ihnen die Fußbegrüßung geholfen hat. Diese Tradition ist ein wesentlicher Bestandteil der Disziplin MUAI und steht für eine kompromisslose, aber intelligente Vorbereitung auf die Realität des Kampfes.

Weitere Videos von Fußbegrüßungen

Fazit

Die traditionelle Fußbegrüßung im MUAI ist mehr als nur ein Trainingsritual oder eine Mutprobe. Sie ist eine wertvolle Initiation, die den Körper stählt und die Psyche abhärtet, um den realen Herausforderungen des Kampfes standzuhalten. Durch die bewusste Konfrontation mit Schmerz und Disziplin wird der Schüler auf eine Weise auf den Umgang mit Kicktechniken vorbereitet, die herkömmlichen Schutzmethoden oder Abhärtungen weit überlegen ist. Die Fußbegrüßung steht für die kompromisslose Härte und Ehrlichkeit, die das MUAI auszeichnet, und ist ein Beweis für die Freundschaft und das Vertrauen innerhalb der Gemeinschaft.

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