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Gürtel und Gurtstufen – die Graduierungen im Pahuyuth
Pahuyuth verfügt über ein einzigartiges, traditionelles Gurtsystem. Anders als in anderen Kampfkünsten und Kampfsportarten, wird dadurch jedoch keine hierarchische Struktur vorgegeben. Die Gurte im Pahuyuth dienen lediglich der Kenntlichmachung des aktuellen Kenntnisstandes des Trägers innerhalb seiner Disziplin.
Ursprung der Gurtfarben
Das Pahuyuth Vermittlungskonzept verfügt über physische und psychische Lernaspekte. Bei den Prüfungen wird in technischer Qualifikation und Trägerwürdigkeit unterschieden.
Bei der technischen Qualifikationsprüfung wird die fachliche Kompetenz (physischer Lernaspekt) getestet. Bei den Trägerwürdigkeitsprüfungen werden der Entwicklungstand eines Kämpfers im Sinne der psychischen Selbsteinstellung (psychische Lernaspekte) bzw. dessen individueller Charakter getestet.
Die Abnahme der technischen Qualifikation erfolgt durch den Lehrer oder einen qualifizierten Prüfer. Die Abnahme der Trägerwürdigkeitsprüfung erfolgt durch das Kollegium der Graduierungsträger.
Zusätzlich zum dualen Vermittlungsprinzip wurde das Kampfwissen des Pahuyuth in drei aufeinanderfolgende Lernabschnitte gegliedert.
Den ersten Abschnitt bezeichnet man als Vorstufe (Lugsidt), den zweiten als Schülerstufe bzw. Lernstufe und den dritten als Vermittlerstufe.
Eine weitere Unterteilung dieser Abschnitte nach inhaltlichen Schwerpunkten führte wiederum zur Entwicklung des Pahuyuth Gurtsystems. Es ermöglicht eine Einteilung in
- Gelbgurt (Vorstufe)
- Grüngurt (Anfängerstufe)
- Weißgurt (Aneignungsstufe)
- Schwarzgurt (Anwendungsstufe)
- Blaugurt und Rotgurt (Vermittlerstufe)
sowie Stufenprüfungen.
Die Gurtstufen
Gelbgurt – Probeschüler
In früherer Zeit mussten sich Pahuyuth-Schüler bei einem Lehrer bewerben, indem sie sich beispielsweise als Tempelnovizen (Dek Wat, Kirchenkind) betätigten. Anfänglich wurde jeder dieser Schüler lediglich zur Probe aufgenommen, um zunächst seinen Charakter und sein Gedankengut zu prüfen.
Dabei vermittelten die alten Lehrer zwar den Einblick in das Kampfwissen (z.B. durch Konditionsübungen), jedoch keine konkreten Kampftechniken, um einen möglichen Missbrauch zu verhindern.
Erst in einer späteren Phase entschied der Lehrer, ob und in wieweit es ihm möglich sei, dem Novizen die erbetenen Kenntnisse zu vermitteln und ihn als vollwertigen Schüler aufzunehmen.
In Anlehnung an die buddhistischen Gewänder der Tempelnovizen, tragen Pahuyuth Schüler der Vorstufe (Lugsidt Todlong) auch heute noch einen goldgelben Gurt.
Grüngurt – Schüler der Anfängerstufe
Pahuyuth war stets die Kampfmethode der einfachen Leute, den ersten Opfern von unbarmherzig brutaler Gewalt und Sklaverei, die das Kampfwissen in etlichen kriegerischen Konflikten gegen zumeist stärkere Gegner fortentwickelt haben.
In Kriegszeiten wurden früher einfache Bürger, Bauern und Fischer zur Verteidigung des Landes in die Armee einberufen und nach dem Ende der Auseinandersetzungen wieder entlassen, ohne reguläre Soldaten zu werden. Zu Ehren dieser Krieger tragen Pahuyuth Schüler der Basisstufe eine smaragdgrüne Gurtfarbe, die an den Wald und an ländliche Gegenden erinnern soll.
In der Anfängerstufe lernen Pahuyuth Schüler die elementaren Grundtechniken der von ihnen selbst gewählten Kampfdisziplinen.
Weißgurt – Schüler der Aneignungsstufe
Das Kampfwissen des Pahuyuth wird traditionell mit einem reinen, weißen Tuch verglichen, das sich erst durch seine Verwendung verfärbt.
Um Pahuyuth Schüler der Mittelstufe auf den Unterschied zwischen dem Wissen und dessen Nutzen bzw. dessen Verwendung hinzuweisen, tragen sie weiße Gurte.
Schüler der Aneignungsstufe verfeinern ihre Grundtechniken und beginnen mit der Entwicklung ihres eigenen Kampfstiles, insbesondere durch die Weitergabe und Vermittlung ihrer erlangten Kenntnisse an jüngere Schüler.
Schwarzgurt – Schüler der Anwendungsstufe
In früheren Zeiten galten die Träger des schwarzen Gurtes als Vollstrecker und besonders ausgebildete Kämpfer(Spezialeinheiten).
Im philosophischen Wesenskern ist mit dieser Farbe jedoch vor allem der eigene Schatten gemeint aus dem die Schüler der höheren Stufe hinaustreten mögen. Sie tun dies, indem sie ihren persönlichen Kampfstil entwickeln und sich sowohl körperlich als auch mental von der Kampfmethodik des Pahuyuth lösen.
Schüler der Anwendungsstufe spezialisieren ihre Techniken und erlangen Selbsterkenntnis durch die Weitergabe und Vermittlung ihres Wissens.
Blaugurt – angehender Lehrer
Die Farbe Blau wird oft mit herrschaftlicher Obrigkeit und Adel gleichgesetzt. Dahinter steht jedoch weniger die Auszeichnung einer vermeintlich höher gestellten Person (im Pahuyuth sind alle Menschen grundsätzlich gleich), sondern viel mehr der Hinweis an den Träger eines solchen Gurtes, sich mit seinem Status und der daraus folgenden Verantwortung als Kämpfer und als Mensch auseinanderzusetzen, um seine persönliche Selbstfindungund Erkenntnis voranzutreiben.
Blaugurte sind in ihrer jeweiligen Disziplin vollendete Kämpfer, die somit keinen Schülerstatus mehr innehaben, jedoch auch noch keine Lehrer sind.
Rotgurt – Lehrer
Seit je her war rot die Farbe des Volkes und des Blutes. Zu ehren all jener die für den Frieden und die Freiheit gestorben sind, tragen Pahuyuth Lehrer einen roten Gurt.
Ein Lehrer im Verständnis des Pahuyuth ist niemals ein „Meister“ oder „Herrscher“ über seine Schüler, sondern immer nur ein einfacher aber erfahrener Kämpfer und Mensch der sein Wissen bereitwillig und stets mit einem empfehlenden Charakter teilt.
Die Rolle des Lehrers gleicht dabei der eines Fährmanns, der selbst bereits einen reißenden Strom überquert hat und nun anderen bei ihrer Überfahrt behilflich ist.
Gelbgrüngurt – Sondergraduierung
Der Gelbgrüngurt ist eine Sondergraduierung für aufgenommene Schüler, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Gelbgrüngurte haben alle Rechte und Pflichten eines Grüngurtes. Lediglich ein kurzer gelber Streifen am Ende ihres Grüngurtes weist auf ihren besonderen Status hin. Bei Vollendung des vierzehnten Lebensjahres entfällt dieser.
Urkunden, Zertifikate und Prüfungsgebühren
Das traditionelle Prüfungssystem des Pahuyuth basiert ausschließlich auf faktisch vorhandenem Fachwissen und Kompetenz im Bereich des Pahuyuth bzw. in dessen Teilbereichen.
Es kennt zwar Gurte und Gurtstufen und damit einhergehende Prüfungen. Es gibt jedoch keinerlei Urkunden oder Zertifikate oder Prüfungsgebühren, da diese, im Gegensatz zum eigentlichen Kampfwissen, keine kämpferische Relevanz mit sich bringen.
Einzig der von einem Pahuyuth Lehrer stets unentgeltlich verliehene Gurt bzw. dessen Farbe bestätigt den gegenwärtigen Kenntnisstand des jeweiligen Trägers und dient im schulischen Betrieb als Indikator für das Mindestmaß an voraussetzbarem Wissen.
Die Existenz von Gurten und Gurtstufen begründet jedoch weder eine wie auch immer geartete Hierarchie, noch ist sie dazu gedacht oder dazu geeignet um als Rangabzeichen oder als Statussymbol zu dienen, da dies den Freiheits- und Gleichheitsprinzipien der Freikämpfer widersprechen würde.
Der Hintergrund dieses unabhängigen Zertifizierungsmodells ist, dass es im Verständnis des Pahuyuth niemals um die gegenseitige Verleihung von Urkunden oder um die Errichtung einer gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Struktur geht, sondern ausschließlich um die Vermittlung von potenziell lebensverlängerndem Fachwissen.
Dieses ist entweder nachweislich vorhanden und kann im Rahmen einer Prüfung formell bestätigt werden, oder eben nicht.
Ein Pahuyuth Kämpfer trägt seine eigentliche Graduierung immer in sich, weil das Wissen zu einem Teil von ihm geworden ist. Er erkennt dadurch auch mühelos jene, die lediglich vorgeben über dieses Wissen zu verfügen, es aber nicht besitzen.
Eine echte Pahuyuth Graduierung kann daher niemals erschlichen, gekauft oder geschenkt, sondern immer nur verdient werden!